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Gedenken an die Opfer rechtsextremistischer Gewalt

Familie Nickel und Bucksteeg: Gedenken an Opfer rechtsextremer Gewalt –
Findling mit Gedenktafel auf dem Bahnhofsvorplatz erinnert an ermordete Overather Familie

Kein Einzelfall – Kein Vergessen – Kein Wegschauen: Diesen Titel trägt die Gedenktafel, welche Bürgermeister Christoph Nicodemus am Dienstag, den 14. November 2023 auf dem Bahnhofsplatz der Stadt Overath vorstellen wird. Die Tafel erinnert an die Verstorbenen der Familie Nickel und Bucksteeg. Am 7. Oktober 2003 wurden der Rechtsanwalt Hartmut Nickel (61), seine Ehefrau Mechthild Bucksteeg (53) und ihre älteste Tochter Alja Nickel (26) in ihrer Anwaltskanzlei auf der Hauptstraße in Overath von einem Täter rechtsextremer Gesinnung getötet.

Auf Antrag der Ratsfraktionen hat der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Overath beschlossen, mit einer Gedenktafel ein Mahnmal zu schaffen.
Bürgermeister Nicodemus: „Mit dieser Gedenktafel möchte ich an das Schicksal der Opfer rechtsextremer und neonazistischer Gewalt in der Mitte unserer Stadt erinnern und ein Zeichen für Demokratie, Vielfalt und gegen rechte Gewalt setzen.“

Der Haupttäter und die Opfer sind sich vor der Tat persönlich nie begegnet. Zielscheibe des Haupttäters war der Familienvater, Anwalt Hartmut Nickel. Der Anwalt hatte für einen Mandanten, ein Gerichtsverfahren gegen den Haupttäter gewonnen.

Der Haupttäter mit rechtsextremistischem Hintergrund hatte in Overath ein abgelegenes Gehöft gemietet. Dort veranstaltete er Treffen der rechtsextremen Szene. Seine Miete für das Anwesen zahlte er allerdings nicht. Aufgrund dessen verpflichtete der Eigentümer den Overather Rechtsanwalt Hartmut Nickel, die ausstehenden Mieten gerichtlich einzufordern. Hartmut Nickel erreicht, dass der ehemalige Mieter in diesem Rechtsstreit zur Verantwortung gezogen wird und seine Schuld begleichen sowie für die Renovierung des Anwesens aufkommen muss. Darüber empört, entschloss sich der Haupttäter den Anwalt Hartmut Nickel umzubringen. Zusammen mit seiner damaligen Freundin taucht er in der Kanzlei Nickel auf und erschießt dort Hartmut Nickel, dessen Ehefrau Mechthild Bucksteeg sowie deren älteste Tochter Alja Nickel.

Die Familie Nickel und Bucksteeg hinterlässt zwei jüngere Töchter, die sich zum Zeitpunkt der Tat nicht in der Kanzlei aufhielten.

Im anschließenden Prozess gestand der Haupttäter den Dreifachmord und bekannte sich zum Nationalsozialismus. Vor der Vierten Großen Strafkammer in Köln ließ er verlauten, er habe den Anwalt sowie dessen Frau und Tochter im Namen der „SS-Division Götterdämmerung“ „exekutiert“. Sie galten für ihn als Vertreter, der ihm verhassten Berufsgruppe der Juristen.
Außerdem verfasste der Haupttäter ein Manifest, indem er den Dreifachmord als eine „Bekanntmachung an das deutsche Volk“ erklärte und betitelte die Tat als „Befreiung dieses Teiles des Reichsgebiets“. Dieses Manifest wurde, von der Polizei nach Verhaftung des Haupttäters, zusammen mit weiteren Aufzeichnungen und einer Liste gefährdeter Zielpersonen sichergestellt.
Darüber hinaus legte der Haupttäter in einem „Offenen Brief“ an den „Kölner Stadt-Anzeiger“ weitere politische Motive seiner abscheulichen Tat nieder.

Das Landgericht Köln hat den Haupttäter zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt und im Urteil vermerkt, dass seine nationalsozialistische Anschauung bei der Tat eine Rolle gespielt hat. Die Mittäterin, seine zum Tatzeitpunkt 19-jährige Freundin wurde zu siebeneinhalb Jahren Jugendhaft verurteilt.

Eine Zuordnung zu einer politisch motivierten Tat (PMK) erfolgte lange Zeit nicht. Im Zuge einer strategischen Neuausrichtung des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen und der Fokussierung auf die Bekämpfung des Rechtsextremismus, fand eine Neubewertung des
Falls statt. Der Dreifachmord wurde vom Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen nach umfangreicher Prüfung im Juni 2022 als rechts motiviertes Tötungsdelikt eingestuft.